Teil 1:
Die Insel der Qualen"...So zumindest lautete das subject der lieben
eMail, die mir mein Vater gestern schickte...Wo er das wohl her hat??
Keine Ahnung, aber so ganz unrecht hat er nicht!
Scheinbar herrscht hier eine Quit-pro-quo-Regelung, so dass man alles
Angenehme mit Mist ausgeglichen bekommt. Und wir hatten einen sehr
angenehmen Flug (der Chefstuart war ein Freund von mir, wir hatten
freie Plätze zum Ausbreiten um uns und größzügige Beinfreiheit),
alle Koffer sind angekommen und unbeschädigt, und auch mit Auto und
Unterkunft hat alles gut geklappt. Dafür hatte ich dann gestern fast
eine halbe Stunde lang eine Mail an euch getippt, die nach leichten
Internetproblemen letzendlich irgendwo im eMail-Nirvana versackt ist :((
Daher versuche ich jetzt mal, die letzten zweit Tage nochmal
zusammenzufassen...
Irgendwie ist das alles noch etwas irreal...dass ich jetzt hier sitze,
mit meinem ganzen Wettkampfgedöns...Nach frühmorgendlichem Radaufbau
und der Beseitigung mehrerer technischer Probleme (Tacho ging nicht,
an der Polar hab ich mir nen Knopf abgebrochen, hoffentlich hält die
dicht, Schraube, die den Bremshebel hält hat sich gelöst, Handy will
sich nicht einloggen,...) sind wir dann doch zu einer kleinen
Radausfahrt aufgebrochen - "Lanzarote-Style"! Wind mit Böen über 50km/
h. Na ja, ich wollte ja sowieso mein präferiertes Renn-Setup testen,
Zipp 1080 hinten und Vuelta Carbon Pro vorne. Erkenntnisse des Tages:
Auch wenns manchmal vorn ganz schön reinpeitscht, die 1080/Vuelta-
Kombi ist auch bei starkem Wind gut fahrbar, ganz im Gegenteil zur
Zipp-Scheibe ;) Weitere Erkenntnis: Aerohelm ist bei starkem
Seitenwind echt lästig, im Gegenwind aber eher angenehm. Wenns also
nicht noch brüllend heiß werden sollte werde ich den auch fahren. Da
fiel mir doch auch sofort die Diskussion mit dem Doc ein, ob sich denn
das Gehirn verstoffwechseln lässt, und ich gebe den neuen Ansatz: Wenn
das Gehirn unter dem Aerohelm ordentlich gekocht wird, ist es dann
nicht schon "Vorverdaut"??
Teil 2:
Wir hatten also eine schöne Rundfahrt, "Lanza-Style", mit 50km/h ohne
zu treten nach El Golfo (zu einem Kaffee, lieber Peter, blieb
natürlich keine Zeit :(( ), dann in den Kreisel, und - als ob man
gegen eine Wand fährt! Der Wetterdienst hatte bis 58 km/h Wind
angesagt, und den hatten wir auch! Auf der Abfahrt vom Timanfaya,
vorbei am Tom-Gutzke-Gedenk-Plattfuß-Platz, musste man auch bergab
'reintreten!! Oh Mann, mir schossen die Klassiker der
Aufmunterungssprüche durch den Kopf..."Na ja, ist ja noch bisschen hin
der Wettkampf, bis dahin bist du fitter, und hast ja dann auch das
gute Rad und die Wettkampflaufräder drin, das rollt dann wie von
alleine"...Äääh, schoss mir dann durch den Kopf: Das Rennen ist
schon in ein paar Tagen, und das SIND die guten Räder!!
Na ja, diese Ernüchterung wurde am Abend mit massig alkoholfreiem Bier
und Nudeln mit Haschee, Marke Ritter, mit 6 dicken Zehen Knoblauch,
ausgiebig gefeiert...Essen gut, alles gut, Zielzeit korrigiert...
Heute stand, neben gemütlichem Aufstehen und grosszügigem Einkaufen,
eine 40min Schwimmeinheit an. Hach, was hab' ich wieder an den Peter
gedacht...und es lustig laufen lassen! :)
Das Schwimmen ging auf jeden Fall besser als gedacht, die Wellen sind
recht niedrig, die Strömung läuft parallel zur Strecke, man schwimmt
also zweimal dagegen und zweimal mit ihr. Amüsant ist nur, dass ich
Dank meiner königlichen Wasserlage, dem Neo und dem Salzwasser die
Füße quasi AUF dem Wasser liegen habe! Also nix mit tollem
(Motorboot-)Beinschlag, und ich muss aufpassen, nicht meine eigene
Gischt einzuatmen ;) Zum Glück habe ich keine Aversion gegen
Salzwasser und "trinke" auch nicht übermässig viel beim Schwimmen,
der pelzige Geschmack schon nach kurzer Zeit ist echt eine
Herausforderung!
Auch die folgende "entspannte Laufrunde, 40min mit 4 Steigerungen à
2min", erwies sich als recht knackig, die Wettkampfstrecke, die wir
auch zur Testrunde erkoren haben, ist doch ordentlich wellig!! Und
gegen den Wind ist einfach gegen den Wind, und mit dem Wind hat man
keine Kühlung mehr. Ich glaube, das wird am Samstag echt witzig!! Noch
will ich nicht den Wandertag ausrufen, und Ankommen ist Pflicht, aber
Frankfurt sieht da doch öfter mal wie ein Volksfest aus...Es wurde
übrigens darauf angestossen, dass JEDER ins Ziel zu kommen hat, wenn
es nicht WIRKLICH MASSIVE technische oder körperliche Probleme gibt -
ich bin also nicht der einzige, dem das durch den Kopf geht! ;)
Auf CNN hab ich heute gesehen, dass der Vulkan wieder geblasen hat,
die Aschewolke aber nach Norden zieht...Das verunsichert mich jetzt,
denn ich weiß nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist,
ich im Umkehrschluss also noch etwas Gutes oder etwas Schlechtes (man
erinnere sich an die Quit-pro-quo-Theorie!) zu erwarten habe! Unsere
schangelige http://www.blogger.com/post-create.g?blogID=1745194180730419586
12,50Eur-amTag-Butze könnten wir jedenfalls noch weiter
verlängern...und die sich lösenden Bolzen an den Bremsgriffen hab ich
schon entdeckt...Was also kann oder wird jetzt noch passieren??
Erstmal bleibe ich noch ein paar Seiten lang bei meinem neuen Freund
Paul Kimmage, der in seinem Buch ("Rough Riders") davon erzählt, warum
man KEIN Radprofi werden sollte - und ich glaube ihm augenblicklich zu
gerne!! Und kann seine Leiden an Aufstiegen mitfühlen! :)
Dann erstmal eine gute Nacht in die Heimat, die todgeweihten grüßen
euch, und morgen ist Ruhetag mit bisserl schwümmn...Hasta pronto!!
Teil 3:
Das ist wohl der Titel des Tages, nachdem ich heute Morgen eine riesige Kakerlake mit blauen Augen im Schlafzimmer unserer Butze gefangen und dann im Klo versenkt habe. Alledings schien sie schon wegen Altersschwäche oder Verzehr von Sportlernahrung dem Tode nahe zu sein...vielleicht war sie sogar dankbar, dass ich sie erlöst habe??!? Ansonsten war heute Ruhetag, wir haben nur die Schwimmstrecke mal die kompletten 3,8km abgeschwommen (das ging eigentlich ganz gut), und dann per Auto Abfahren markanter Radstreckenpunkte (bei 58km/h Wind auch mit dem Auto auch ein Spaß!!) mit Sightseeing (Vulkan-Museum, Cesar Manriques Wohnhaus, und die von ihm gestaltete Vulkanhöhle mit den blinden Krebsen) verbunden. Der Ausklang war Apfelstrudel, frische Kreppel und richtiges Brot mit viiiel Kaffee in der "famous german bakery" und ein Mega-Einkauf bei Feinkost-Zipp und im HyperDino. Nach einem wunderbaren Schläfchen gibt's jetzt frische Gambas mit Bergen von Knoblauch, dazu Nudeln und Salat... Der Abend wird wohl eher ruhig, wir haben hektoliterweise alkoholfreies Bier gekauft, dazu etwas Lesen mit Paul Kimmage, und früh ins Bett, morgen kleine Radeinheit und sanft schwimmen... Dann schlaft mal alle gut zu Hause!!
Teil4:
Das kann man sich kaum vorstellen: Der Wind treibt die Wolken über die
Bergkuppen, so dass einem Nebelschwaden um die Füße getrieben werden!
Ich komm' mir vor wir ein Tour de France-Fahrer, als Nat mich oben am
Berg aussetzt: Als letzte Radeinheit will ich nochmal die zwei
längsten Abfahrten und eine der härtesten Steigungen fahren. Gute
50km/h Wind stehen auf der Anzeige, als ich mich im "Begeitfahrzeug"
fertig mache und in Schuhe und Aerohelm schlüpfe. Und dann geht er
los, der Ritt!! Mit Scheiberad hätte ich mich wahrscheinlich schon
längst irgendwo in den Lavawänden wiedergefunden, aber die 1080 sind
gut zu beherrschen. Jedenfalls für DEN Wind! Bei 80 Sachen Abwärts
ist halt jede Böe eine Herausforderung! Trotzdem ein höllisches
Glücksgefühl, da runterzubrettern, mit 120 Puls, nicht aus
Anstrengung sondern Adrenalin! "Gott segne die Alubremsflanke!"
schiesst es mir nach einer Haarnadelkurve durch den Kopf, mit Carbon
hätte ich an der Wand geklebt...
Irgendwann ist der Ritt aber vorbei, mit "gemächlichen" 40 Sachen
geht's um ein paar üble Kurven - und dann auf Pflastersteinen durch
einen Ort! Erinnert an das Kopfsteinpflaster in Frankfurt, also nichts
ungewohntes ;) Was jetzt noch nicht abgefallen ist, hält ewig...Das
Örtchen heißt passender Weise Valle de Malpaso - Das Tal, in dem
Schlimmes passiert. Komisch, dass sich gerade hier mein Sattel
lockert...aber alles bleibt zum Glück fahrbar.
Tja, und dann kommt die Rechnung für die Abfahrt: Hoch geht's zum
Mirador Del Rio, dem nördlichsten Punkt und der zweitgrößten
Erhebung. So ab der Hälfte ist meine Brille so beschlagen, dass ich
nichts mehr sehe. Macht nichts, bei 10 km/h kommt niemand von der
Straße ab! Kleinste Übersetzung, Puls 165, sach mal, was ist denn
los?? Ich hab doch heute erst 20km drauf!! Ach ja, auf Lanza herrscht
Nordwind vor, und am nördlichsten Punkt kommt der halt ungebremst von
vorne! Also trotz allem in Aeroposition, und schon geht's leichter...
Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit und mehreren
Wiegetritteinlagen zur Lockerung (nicht weil ich sonst nicht mehr
gekonnt hätte, neeein! ;)) bin ich dann doch oben...160Grad turn und
ab geht's in die Abfahrt, erstmal auf echt üblem Asphalt, so dass mir
die Malto-Suppe aus meinem Aerodrink um die Ohren spritzt...Puh,
schiesst es mir durch den Kopf, im Wettkampf bist du hier schon bei ca
140km, da geht das dann nicht mehr "SO EINFACH" hoch!!
Der Strassenbelag wird besser, der Tacho zeigt, diesmal sogar bei
Rückenwind, über 80km/h, Super, das läuft ja!! Plötzlich eine
sanfte Kurve, die Straße dreht etwas aus dem Wind raus, und nach einer
kleinen Felsnase treibt es mich auf die Gegenfahrbahn! Zum Glück ist
hier nicht viel los! Mist, nicht mehr dran gedacht, wie windig es
heute eigentlich ist! Als ich noch am Beruhigen bin kommt der nächste
Nervenkitzel: Eine unübersichtliche Kurve zieht sich immer weiter zu!
Nochmal ein Stossgebet an die Aluflanken, und mit etwas
Motorraderfahrung lässt sich die Kurve gerade so noch meistern. Ich
kann mich nicht erinnern, jemals so hart 'runtergebremst zu haben!
Eine ähnliche Situation, nicht ganz so haarig, nochmal ein paar
hundert Meter später, dann entscheide ich mich, etwas langsamer weiter
zu fahren...
Kurze Zeit drauf bin ich unten, alles noch dran, der typische
Seitenwind hat mich wieder, und drängt mich sanft in Böen hin und
her...Wenn man gerade auf der Kanonenkugel geritten ist, fühlt sich
das eigentlich fast harmlos an... ;)
Zum Glück wartet der "Tourbus" schon an den Jameos Del Aqua, nur noch
Rad rein und einsteigen, und es geht zurück ins Quartier...
Auf DEN Ritt jetzt mal ein 4km-Entspannungsläufchen..
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